Liebe Freundinnen und Freunde der Alexander-Technik,

jedes Frühjahr wundere ich mich von neuem, wie schnell und mit welcher Kraft Blumen, Blüten und Blätter hervorbrechen. Es ist die Jahreszeit des Stauens und des Schauens, denn täglich verändern sich Wiesen, Büsche und Bäume. Wer staunt ist präsent. Ich wünsche uns allen viel Gelegenheit zum Staunen.

Helmut Rennschuh

„Präsenz“

ist vermutlich die Grundlage eines erfüllten Lebens, in jedem Falle ist sie Weg und Ziel der Arbeit mit der Alexander-Technik. Weg, weil das Innehalten uns präsent sein lässt, und Ziel, weil wir uns nur dann an das Innehalten und an das Geben der Anweisungen erinnern können, wenn wir hellwach, d.h., präsent sind.

Daher lohnt es sich, jede Gelegenheit zu nutzen, die unsere Präsenz fördert. Mir fallen da so einige ein:

• im offenen Schauen und mit offenen Ohren staunend die Natur erleben
• mit den Anweisungen experimentieren
• meditieren
• Musik hören, im Konzertsaal oder wie im Konzertsaal: aufrecht sitzend, ganz aufmerksam
• die Bücher von Eckhart Tolle lesen oder seine Videos anschauen

Die Liste ist natürlich nicht vollständig. Auf den letzten Punkt möchte ich genauer eingehen und allen Alexander-Technik Interessierten Eckhart Tolle ans Herz zu legen – aus aktuellem Anlass, denn auf youtube sind zahlreiche neue Vorträge von 2017 zu sehen. Außerdem gibt es eine nach Themen geordnete Videosammlung, beides offensichtlich von Eckhart Tolle autorisiert. (siehe bewegte Bilder)

Wer diese Videos anschaut, wird sich vielleicht fragen: Was hat Eckhart Tolle, der so zusammengesackt dasitzt, mit Alexander-Technik zu tun?

Ganz einfach: er ein Meister der Präsenz und damit ein Meister des Innehaltens. Sein Präsent-Sein ist so gewaltig, dass es ansteckend wirkt. Selbst seine Bücher – vor allem wenn man sie auf Englisch liest – zeigen diesen erstaunlichen Effekt.

Doch warum ist er so zusammengesackt?

Offensichtlich richtet er seinen Körper nicht bewusst aus. Im Alexander-Jargon könnte man sagen: sehr viel „Inhibition“ keine „Directions“. Was nicht heißen soll, dass Eckart Tolle nicht ein hellwaches Körperbewusstsein hat. Das hat er ganz sicher, denn das wichtigste „Tor ins Jetzt“, das er beschreibt, ist das Wahrnehmen der eigenen Körperlebendigkeit.

Zitate:

If you’re present here and now, than you can see what’s happening out there and see what’s happening inside at the same time.
Marjory Barlow: An Examined Life, S.11

Anybody can do what I do if they will do what I did. But none of you want anything mental.
Alexander nach Marjory Barlow: An Examined Life, S.284

Sei absolut präsent in allem, was du tust, und spüre wache, lebendige Ruhe in dir, die den Hintergrund für dein Tun bildet.
Eckhart Tolle: Eine neue Erde, S.308

Experiment:

(Zur Vereinfachung verwende ich das „Du“ als Anrede)

Beobachte, was mit Deinen unwillkürlichen Gedanken (der Stimme im Kopf, die ständig spricht) auf einem Spaziergang geschieht, wenn Du:

• einfach nur gehst, ohne eine bestimmte Intention
• Dir die Anweisungen für Hals, Kopf und Rücken gibst
• Offen schaust und alles wahrnimmst, was Dich umgibt
• Offen schaust, alles wahrnimmst, was Dich umgibt, und Dir die Anweisungen gibst

Erläuterung am Ende. Bitte erst nach dem eigenen Experimentieren lesen.

Die nächsten Kurse in Weimar:

23. – 25. Juni 2017: Alexander-Technik und Meditation
30. Juni – 02. Juli 2017: Back to Basics

Neuigkeiten

Meine Frau Elisabeth hat am 5. Mai ihre Ausbildung zur Alexander-Lehrerin bei Mary Holland und Alexander Hermann in München abgeschlossen. Sie steht ab sofort für Einzelunterricht in Weimar und am Mittwoch auch in Leipzig zur Verfügung:

„Ich bin dankbar und glücklich, in diesem so erfüllenden Beruf arbeiten zu können. Welche Arbeit führt schon ganz direkt in die Präsenz und Achtsamkeit?

Darüber hinaus entspricht die Alexander-Technik meinem Wunsch, im intensiven Kontakt mit Menschen zu sein. Es ist ein gegenseitiges Lernen, denn jeder Kontakt bringt Erkenntnis und bereichert den eigenen Entwicklungsweg. Wir sind uns gegenseitig Spiegel, so wurde es in München gelehrt und so habe ich es auch erfahren.

Deshalb freue ich mich sehr auf dieses neue Leben als Mittlerin einer Methode, deren Tiefe wir längst noch nicht ausgelotet haben. Alexander selbst war sich bewusst, dass durch die Anwendung seiner Mittel im täglichen Leben nach und nach ein Potenzial sichtbar wird, das wir erst allmählich zu schätzen und zu verstehen beginnen:

‘… the principle of conscious control which (…) we are but now beginning to appreciate and understand.’ Alexander. Man’s Supreme Inheritance, S. 21”

Zum Weiterlesen:

Eckhart Tolle: Jetzt! Die Kraft der Gegenwart
Die wohl beste Einführung in das Thema und gleichzeitig ein Buch, das auf den Leser sehr stark wirkt. Wer über genügend Englischkenntnisse verfügt, dem empfehle ich das Original: The Power of Now. Es ist in einfachem Englisch geschrieben.

Marjory Barlow: An Examined Life
Marjory Barlows persönliche Sicht auf Alexander und seine Arbeit. Mit vielen Anekdoten. Marjory war Alexanders Nichte, die viele Jahre sehr eng mit ihm zusammengearbeitet hat, und sieht seine Arbeit in enger Verbindung zu Weisheitslehrern wie Gurdjieff und Krishnamurti.

Bewegte Bilder:

Eckhart Tolle 2004: in Deutsch, zur Einführung 1:
https://www.youtube.com/watch?v=YLqocLjX7Jo

Eckhart Tolle 2004: in Deutsch, zur Einführung 2:
https://www.youtube.com/watch?v=yNIPUBNClYw

Eckhart Tolle: Übersicht nach Themen geordnet:
https://www.youtube.com/user/EckhartTeachings

Eckhart Tolle 2017: spezielles Thema: Two kinds of Creation:
https://www.youtube.com/watch?v=3PtPXq-LI6Y

Erstaunliche Balance: Performance von Miyoko Shida:
https://www.youtube.com/watch?v=gOfePxxVgGk

Kurzes Video des Schweizer Berufsverbandes: Veränderung ist lernbar:
https://www.youtube.com/watch?v=1RbDFaR6xr4

Erläuterung zum Experiment:

Bei mir ist spätestens beim vierten Schritt alles unwillkürliche Denken zum Stillstand gekommen. Das Geben der Anweisungen oder offenes Schauen erhöhen unsere Präsenz. Beides zusammen lässt uns so präsent sein, dass für unwillkürliches Denken kein Raum mehr bleibt.